Bei Wind und Wetter auf der Baustelle dabei: Projektleiterin Ricarda Kiehl und Projektingenieur Henry Querfurt
Bei Wind und Wetter auf der Baustelle dabei: Projektleiterin Ricarda Kiehl und Projektingenieur Henry Querfurt

Neue Signale, schnelle Entscheidungen und starker Teamgeist: ESTW Linker Rhein

06.11.2023

Um den Knoten Köln fit für die Zukunft zu machen, arbeitet die DB u.a. am neuen Elektronischen Stellwerk Linker Rhein. Zuletzt wurde Süd-Westen Kölns nachts und am Wochenende geackert, geschwitzt und gebohrt. DB Welt* war sonntags auf der Baustelle und zeigt, welches Team hinter dem Projekt steckt und was alles passiert, während der Rest der Stadt schläft oder das Wochenende genießt.

*DB Welt: Mitarbeiter:innenmagazin der Deutschen Bahn

Die Sperrpausen werden am Wochenende unter anderem dafür genutzt, um Vorsignalwiederholer auf den Bahnsteigen zu montieren. Sie werden aufgestellt, wenn die geforderte Mindestsichtbarkeit auf ein Hauptsignal nicht gewährleistet werden kann.

Während die Stadt am Sonntagmorgen nur langsam zum Leben erwacht, herrscht auf den Baustellen am Kölner Süd- und Westbahnhof bereits reges Treiben: Arbeitszüge liefern Materialien an, ein Bagger bohrt ein Loch in den Bahnsteig, die einen heben mit dem Spaten einen Kabelschacht aus, die anderen stehen am Bahnsteig und besprechen bei Kaffee und Brötchen die nächsten Schritte für den Tag. 

Ricarda Kiehl schaut sich um und ist zufrieden. Die 33-Jährige ist Projektleiterin für das neue Elektronische Stellwerk (ESTW) linke Rheinseite 1. Baustufe (BS). Es soll den Knoten Köln fit für die Zukunft machen. Dazu wird die Stellwerkstechnik der Bahnhöfe Köln West, Köln Süd und Hürth-Kalscheuren auf einer Strecke von 16 Kilometern erneuert. 

Die Erneuerung der Stellwerkstechnik umfasst die elektrotechnischen Gewerke Telekommunikation, 50-Hz, Oberleitung und Leit- und Sicherungstechnik. Die Fachleute montieren 20 Signale, arbeiten an drei Signalauslegern, verlegen ca. 100 Kilometer Kabel und erneuern die Heizanlage an zahlreichen Weichen in Köln West und Köln Süd - an den Wochenenden ganztägig und montags bis freitags in der Nacht.

Verborgene Herausforderungen unter dem Bahnsteig

Ricarda Kiehl begleitet das Projekt seit acht Jahren, seit drei Jahren ist sie die Projektleiterin. „Ich bin fast ein bisschen damit verheiratet“, lacht sie. Obwohl ihr Job unter der Woche darin besteht, vom Büro aus alle Fäden in der Hand zu halten, fährt Kiehl so oft es geht selbst raus auf die Baustelle. „Hier lernt man am meisten, pflegt den Kontakt zu den Projektbeteiligten wie Bauüberwachung und Baufirmen und kann im Zweifelsfall auch schnelle Entscheidungen treffen“, sagt sie.

Entscheidungen gab es am ersten der insgesamt drei Sperrpausen-Wochenenden einige zu fällen: „Auch wenn wir alles genauestens planen und vorab mittels Suchschachtungen erkunden, wissen wir nie, was im Erdreich auf uns wartet. In Köln Süd sind wir zum Beispiel am Sonntag beim Herstellen einer Signalgründung auf dem Bahnsteig auf einen ehemaligen unterirdischen Tunnel gestoßen“, erklärt Kiehl. Derartige unerwartete Funde bedeuten für die Baufirma zunächst, die Arbeiten zu stoppen. Kiehl: „Wir müssen dann erstmal die Hintergründe untersuchen, uns weitere Meinungen, etwa beim Statiker, einholen – und darüber beratschlagen, wie es weitergeht.“

Ein Anruf bei DB Station&Service und DB Services bringt Aufschluss: Es handelt sich um einen ehemaligen Aufzugschacht. Bei der Entscheidung, wie die Baufirma weiter vorgeht, arbeiten die Kolleg:innen immer auch gegen die Zeit. Denn nach den Wochenendsperrpausen muss der Zugverkehr ab Montag, 5 Uhr, wieder rollen. In dem Fall entschieden sich die Kolleg:innen dafür, dass die Arbeitsstelle auf dem Bahnsteig mittels Stahlplatte und anschließendem Verfüllen gesichert wird.  Die Verkehrssicherheit der Fahrgäste ist von hoher Bedeutung. Die Ausführungsplanung, bzw. die Statik muss überarbeitet werden. Es wird geprüft, ob im Aufzugsschacht eine neue Deckschicht eingezogen werden kann, auf der anschließend die Flachgründung mittels Stahlplatte für das Vorsignal realisiert werden kann.

Nicht nur die Projektleiterin ist am Wochenende auf der Baustelle unterwegs. Auch Mitarbeitende aus dem Kernteam sind dabei, um das Baugeschehen zu beobachten – und dazu zu lernen. Zum Team des ESTW Linker Rhein gehören insgesamt sieben Projektingenieur:innen, zwei -steuerer und eine -kauffrau. „Einige sind noch gar nicht so lange dabei, aber sie haben sich in der kurzen Zeit extrem gut im Projekt eingefunden“, sagt Kiehl. Henry Querfurt ist einer von ihnen. Der 29-Jährige ist seit Juli 2023 Teil des Teams und kümmert sich um die 50 Hz- und Oberleitungsthemen in dem Projekt. Auch er musste am Samstag erste Entscheidungen rund um den Standort eines neuen Oberleitungsmastes treffen – und packte selbst mit an: „Der Bagger kam wegen der Weichenheizstation neben dem Stellwerk nicht an den Bereich des Kabelschachts ran. Da haben die Baufirma und ich selbst die Spaten in die Hand genommen und losgegraben.“

Arbeiten ESTW Linker Rhein

"In Köln Süd sind wir zum Beispiel beim Herstellen einer Signalgründung auf dem Bahnsteig auf einen ehemaligen unterirdischen Tunnel gestoßen.“

Teampower für die Region

Ein Teil des Teams für das ESTW Linker Rhein: Projektleiterin Ricarda Kiehl (2.v.l.) mit den Projektingenieur:innen Henry Querfurt (links), Maren Mannheims-Peters und Rüdiger Bothe.
Ein Teil des Teams für das ESTW Linker Rhein: Projektleiterin Ricarda Kiehl (2.v.l.) mit den Projektingenieur:innen Henry Querfurt (links), Maren Mannheims-Peters und Rüdiger Bothe.

Projektingenieur Rüdiger Bothe gehört erst seit Anfang des Monats zum Team. Maren Mannheims-Peters ist seit 2020 Projektingenieurin für das ESTW Linker Rhein und nach einer längeren Unterbrechung seit September wieder dabei. Was die beiden an dem Projekt besonders fasziniert: „Als Rheinländer etwas für die Region und für künftige Generationen zu schaffen“, sagt Rüdiger Bothe. Maren Mannheims-Peters ergänzt: „Ich finde es toll, dass wir bei der DB etwas schaffen, das man sieht, und damit Teil von etwas Großem sind.“ 

Für den Knoten Köln ist das Projekt allemal etwas Großes. Die modernisierte Stellwerkstechnik verringert die Störanfälligkeit, erhöht die Flexibilität sowie die Qualität und Pünktlichkeit der Züge. Nach der aktuellen Bauphase stehen bis zur geplanten Inbetriebnahme noch umfangreiche Kabeltiefbauarbeiten sowie die Installation weiterer Weichenheizstationen und Signalausleger auf dem Bauprogramm. Außerdem wird die DB noch 250 Kilometer Kabel verlegen und fast 100 Signale errichten. 

 Kiehl und ihr Team werden jeden Schritt mit verfolgen – und immer wieder an Wochenenden früh aufstehen, mit den Baufirmen und der Bauüberwachung auf der Baustelle Wind und Wetter trotzen und Entscheidungen treffen.