Auf dem Gelände des ICE-Instandhaltungswerkes in Köln-Nippes befindet sich (links im Bild mit roten S-Bahnen) auch das S-Bahn-Werk mit dem Werkstattgebäude (links vorne) und der Außenreinigungsanlage (rechts hinten), einer Art Waschstraße für die S-Bahnen.

Wo die S-Bah­nen ver­sorgt wer­den

16.09.2022

Auch S-Bahn-Züge brau­chen zwi­schen­durch mal eine Pau­se. Etwa alle zwei bis drei Wo­chen ist es so weit. Wäh­rend die­ser Zeit­span­ne le­gen die meis­ten S-Bah­nen un­ge­fähr 17.500 Ki­lo­me­ter zu­rück, das sind bis zu 1000 Ki­lo­me­ter am Tag. Eine ganz schön lan­ge Stre­cke also, wäh­rend der die Züge gro­ßen Be­las­tun­gen aus­ge­setzt sind. Um ih­ren Dienst trotz­dem zu­ver­läs­sig leis­ten zu kön­nen, wer­den die Züge in die­sen Pau­sen in­spi­ziert, ge­war­tet und ge­rei­nigt. Im Kno­ten Köln pas­siert das in den S-Bahn-Wer­ken der Deut­schen Bahn in Köln-Nip­pes so­wie in Düs­sel­dorf. Für den rei­bungs­lo­sen Be­trieb der S-Bahn sind die­se An­la­gen min­des­tens ge­nau­so wich­tig wie Schie­nen, Sta­tio­nen und Stell­wer­ke. Des­halb lohnt sich ein Blick hin­ter die Ku­lis­sen: Wie sieht so ein S-Bahn-Werk aus?

Nicht nur in der Im­mo­bi­li­en­bran­che gilt: Lage ist al­les. Das gilt auch für S-Bahn-Wer­ke, die im Ide­al­fall mög­lichst zen­tral in ei­nem S-Bahn-Netz ge­le­gen sein soll­ten. So ent­fal­len zeit- und kos­ten­in­ten­si­ve Über­füh­run­gen in weit ent­fern­te Be­triebs­stät­ten, die Per­so­nal bin­den und oh­ne­hin stark be­fah­re­ne Schie­nen­stre­cken zu­sätz­lich be­las­ten. 

Un­ter die­sem Ge­sichts­punkt ist die Lage des S-Bahn-Wer­kes in Nip­pes zwi­schen der Lon­ge­ri­cher Stra­ße und der Et­zel­stra­ße op­ti­mal, denn von dort aus sind wich­ti­ge Kno­ten­punk­te wie der Haupt­bahn­hof oder der Mes­se­bahn­hof sehr schnell er­reich­bar. Be­reits im 19. Jahr­hun­dert stand auf die­sem Ge­län­de ein Aus­bes­se­rungs­werk der Bahn für Dampf­loks.

Werk in Nippes wichtigster Wartungsstandort für die S-Bahn Köln

Kon­zi­piert wur­de das 2015 er­öff­ne­te Werk spe­zi­ell für die Be­dürf­nis­se des S-Bahn-Fahr­zeug-Typs ET 423, von dem 36 in Nip­pes ge­war­tet wer­den. Dazu kom­men wei­te­re zehn Züge der äl­te­ren Bau­rei­he ET 420. Da­mit ist Nip­pes der wich­tigs­te Stand­ort für die S-Bahn im Kno­ten Köln. Ins­ge­samt ver­fügt die S-Bahn Köln über 91 Fahr­zeu­ge. Für die üb­ri­gen 45 Züge ist das Werk der Deut­schen Bahn im Ab­stell­bahn­hof in Düs­sel­dorf zu­stän­dig. Zu­sätz­lich zu den S-Bah­nen wer­den in Nip­pes 16 Re­gio­nal­zü­ge der ET-425-Rei­he ge­war­tet, die auf der Li­nie RB 27 nach Ko­blenz ein­ge­setzt wer­den.

Über 100 Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter küm­mern sich um die Be­hand­lung der 62 Züge im Werk Köln Nip­pes. Ne­ben Lok­ran­gier­füh­rern und Rei­ni­gungs­kräf­ten sind es hoch qua­li­fi­zier­te Me­cha­tro­ni­ker bzw. Elek­tro­ni­ker, die lau­fend in den un­ter­schied­lichs­ten, tech­nisch sehr kom­ple­xen Sys­te­men der Fahr­zeu­ge fort­ge­bil­det wer­den.

Herz­stück der An­la­ge ist das Werk­statt­ge­bäu­de (sie­he Bei­trags­bild). Im Prin­zip gleicht es ei­ner Au­to­werk­statt - al­ler­dings im XXL-For­mat: Die Hal­le ist rund 160 Me­ter lang und ver­fügt über zwei Glei­se auf de­nen je­weils zwei S-Bahn-Züge hin­ter­ein­an­der ab­ge­stellt und ge­war­tet wer­den kön­nen.

Je­der Zug ist etwa 70 Me­ter lang. Die vier Ar­beits­stän­de sind je­weils so aus­ge­legt, dass an vier ver­schie­de­nen Ebe­nen gleich­zei­tig am Fahr­zeug ge­ar­bei­tet wer­den kann, vom Dach bis zum Un­ter­bo­den. Ein Ar­beits­stand ist mit ei­ner He­be­an­la­ge aus­ge­rüs­tet, die im Re­pa­ra­tur­fall den ge­sam­ten 105 Ton­nen schwe­ren Trieb­zug an­he­ben kann, da­mit sich die Fer­ti­gungs­mit­ar­bei­te­rin­nen und -mit­ar­bei­ter um Groß­kom­po­nen­ten wie Rad­sät­ze oder Fahr­mo­to­ren küm­mern kön­nen.

Die Werk­statt ist im Drei­schicht­be­trieb mit 65 Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern rund um die Uhr be­setzt. Tags­über wer­den cir­ca sechs bis acht Züge für In­spek­tio­nen oder Re­pa­ra­tur­ar­bei­ten ins Werk ge­holt, nachts wird in der Re­gel an vier S-Bah­nen ge­ar­bei­tet. Je nach Um­fang der re­gel­mä­ßi­gen In­spek­tio­nen dau­ert ein Auf­ent­halt im Werk zwi­schen zwei und acht Stun­den. Bei den meis­ten S-Bahn-Zü­gen wer­den nach etwa 17.500 Ki­lo­me­tern klei­ne­re Checks durch­ge­führt wie die Kon­trol­le von Brem­sen, Tü­ren oder Fahr­werk. Erst nach rund 35.000 Ki­lo­me­tern wer­den in der Re­gel grö­ße­re War­tungs­ein­sät­ze not­wen­dig. Dann wird je­der Be­reich der S-Bahn ei­ner um­fang­rei­chen Kon­trol­le un­ter­zo­gen. Dazu ge­hö­ren zum Bei­spiel Pro­fil­mes­sun­gen der Rad­sät­ze, die Prü­fung der Bord­strom­ver­sor­gung oder War­tungs­ar­bei­ten an der Hei­zungs-, Lüf­tungs- und Kli­ma­an­la­ge.

Werk in Nippes verfügt über modernste Graffitientfernungsanlage in NRW

Doch das S-Bahn Werk in Nip­pes be­steht nicht nur aus dem Werk­statt­ge­bäu­de. Zen­tra­ler Be­stand­teil des War­tungs­an­ge­bots für jede S-Bahn ist die re­gel­mä­ßi­ge äu­ße­re Rei­ni­gung der Züge in der Au­ßen­rei­ni­gungs­an­la­ge des Wer­kes. Jede S-Bahn wird ein­mal pro Wo­che voll­au­to­ma­tisch durch die Wasch­an­la­ge ge­zo­gen. Etwa 25 Mi­nu­ten dau­ert die­ser Vor­gang. Im An­schluss kön­nen die Züge so­fort wie­der auf den Bahn­li­ni­en ein­ge­setzt wer­den.

Zu­sätz­lich zur Wasch­an­la­ge gibt es eine In­nen­rei­ni­gungs­an­la­ge, in der auf ei­ner Län­ge von cir­ca 160 Me­tern vier Fahr­zeu­ge gleich­zei­tig Platz fin­den. Eine wei­te­re Be­son­der­heit des Wer­kes in Nip­pes ist die Graf­fi­ti­ent­fer­nungs­an­la­ge. Dort wer­den die Züge mit­tels Hoch­druck­rei­ni­gern und ei­ner Spe­zi­al­lö­sung vom Graf­fi­ti be­freit. 

Das Be­son­de­re die­ser An­la­ge liegt in der Ab­was­ser-Auf­be­rei­tung, die mit ei­nem spe­zi­el­len Fil­ter­sys­tem da­für sorgt, dass die Farb­rück­stän­de und Rei­ni­gungs­mit­tel um­welt­ver­träg­lich ent­sorgt wer­den kön­nen. Eine sol­che An­la­ge war bei In­be­trieb­nah­me des Wer­kes 2015 ein­ma­lig in ganz NRW. Ab­ge­run­det wird das Well­ness-An­ge­bot für die S-Bahn-Züge durch eine Un­ter­flur­grob­rei­ni­gungs­gru­be, die für die Rei­ni­gung des un­te­ren Fahr­zeug­be­reichs nach Wild- und Per­so­nen­un­fäl­len zum Ein­satz kommt. Dass ein Werk alle Be­hand­lungs­an­la­gen für eine voll­stän­di­ge War­tung an ei­nem Stand­ort ver­eint, ver­deut­licht, wel­che zen­tra­le Be­deu­tung das Werk in Nip­pes für den rei­bungs­lo­sen S-Bahn-Be­trieb im Kno­ten Köln hat.
Quel­le: DB/go.Rhein­land