So funktioniert das Planfeststellungsverfahren
Bevor die Bagger für einen Ausbau rollen können, steht für das Bauprojekt die wichtigste Hürde des gesamten Planungsprozesses an: das Planfeststellungsverfahren. Wie läuft so ein Verfahren eigentlich genau ab und weshalb ist es notwendig?
Was ist ein Planfeststellungsverfahren?
Die Planfeststellung ist ein formales Verwaltungsverfahren, das immer dann gesetzlich vorgeschrieben ist, wenn sich durch ein Bauprojekt auf der Schiene wesentliche Änderungen an der Strecke ergeben. Beispiele sind der Neubau von Gleisen oder eine Erweiterung der Strecke um mindestens ein Gleis. Zuständig für das Verfahren ist die unabhängige Prüfbehörde Eisenbahn-Bundesamt (EBA).
Im Zuge dieses Verfahrens werden alle für das Vorhaben relevanten technischen und rechtlichen Aspekte geprüft. Unter anderem wird kontrolliert, ob die Planung der Deutschen Bahn (DB) alle geltenden Regeln und Sicherheitsstandards einhält und somit rechtmäßig ist. Außerdem überprüft das EBA, ob alle privaten wie öffentlichen Belange, zum Beispiel privates Eigentum oder Naturschutz, ausreichend berücksichtigt sind.
Kommt das EBA nach Abschluss aller Überprüfungen und der Beteiligung der Öffentlichkeit zu dem Schluss, dass dies jeweils der Fall ist, erteilt das EBA für das Bauvorhaben den Planfeststellungsbeschluss. Die Besonderheit des Planfeststellungsbeschlusses ist die Konzentrationswirkung. Dies bedeutet, dass mit dem Planfeststellungsbeschluss alle notwendigen Genehmigungen für das Vorhaben erteilt werden und keine einzelnen Genehmigungen benötigt werden.
Die Gesamtdauer des Verfahrens lässt sich für jedes einzelne Projekt nur schwer abschätzen, weil sie jeweils von den individuellen Gegebenheiten vor Ort abhängt. So kann sich das Verfahren zum Beispiel durch Einwände von Privatpersonen und Naturschutzverbänden verlängern. Oftmals sind aber mehrere Jahre für das Verfahren notwendig. Es macht also einen nicht unwesentlichen Anteil der Gesamtdauer eines Vorhabens auf der Schiene aus, die in Deutschland im Schnitt 20 Jahre dauern. Etwa zwei Drittel davon sind Planungszeiten, während die eigentliche Bauphase im Schnitt etwa sieben Jahre dauert.
Die einzelnen Schritte des Planfeststellungsverfahrens - am Beispiel S11
Schritt 1: Die DB reicht einen Planfeststellungsantrag ein
Nach vielen Jahren der Planung ist es soweit: die Planungen sind aus Sicht der Deutschen Bahn abgeschlossen, alle maßgeblichen Unterlagen für den Planfeststellungsantrag liegen vor. Gemeinsam mit ihren Ingenieurbüros hat die DB ein detailliertes und vor allem realisierbares Konzept für das Ausbauvorhaben erarbeitet, in das zahlreiche Untersuchungen wie zur Grundwassersituation im Umfeld der Bahnstrecke geflossen sind. Beim Ausbau der S 11 konnten zusätzlich dazu zahlreiche Anmerkungen von Bürgerinnen und Bürgern in die Planungen mitaufgenommen werden, die sich weit vor Start des Planfeststellungsverfahrens am Bürgerdialog zum Ausbauprojekt beteiligt haben. Nun kann die DB den Antrag auf Feststellung beim Eisenbahn-Bundesamt stellen, in dem sie dort ihre Planungsunterlagen einreicht. Diese umfassen häufig Hunderte von Seiten. Damit beginnt das Planfeststellungsverfahren.
Schritt 2: Das EBA prüft den Antrag der DB
Der Antrag der DB ist nun beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA) eingegangen. Im ersten Schritt überprüfen die Mitarbeitenden der Behörde, ob die eingereichten Unterlagen vollständig sind, sodass sie das Bauvorhaben auf der Schiene nachvollziehbar abbilden. Zudem wird geprüft, ob die Unterlagen dazu geeignet sind in der Öffentlichkeit ausgelegt zu werden, damit Einwendungen verfasst werden können. Auch wird der Antrag auf offensichtliche Mängel überprüft und es wird kontrolliert, ob die Unterlagen untereinander Widersprüche hervorrufen. Bei schwerwiegenden Mängeln an den Antragsunterlagen lehnt das EBA den Antrag ohne jegliche Rückfragen ab. Bei kleineren Mängeln hat die DB einmalig Gelegenheit, sich innerhalb der festgesetzten Frist zu äußern sowie die Antragsunterlagen zu vervollständigen bzw. zu berichtigen.
Schritt 3: Ein Anhörungsverfahren wird durchgeführt
Entsprechen die Unterlagen den Anforderungen, führt das Eisenbahn-Bundesamt ein Anhörungsverfahren durch. Dieser Verfahrensschritt ist ein ganz zentraler Bestandteil des Verfahrens, da es dem Eisenbahn-Bundesamt die Abwägung zwischen dem Vorhabensziel und bestehenden Bedenken ermöglicht.
So läuft es ab:
- Die Planungsunterlagen werden mindestens vier Wochen lang öffentlich ausgelegt, zum Beispiel in Rathäusern oder Bürgerämtern, sie können aber auch online eingesehen werden. Wann die Offenlegung beginnt, muss die Kommune mindestens eine Woche vorher öffentlich bekannt geben. Zugänglich sind die ausgelegten Planungen der Deutschen Bahn für alle interessierten Bürgerinnen und Bürger.
- Parallel zur öffentlichen Auslegung bekommen die Träger öffentlicher Belange sowie anerkannte Verbände (z. B. NABU oder BUND) die Unterlagen zur Verfügung gestellt.
- Sollten Kommunen, Behörden, Verbände oder Privatpersonen Einwände gegen die Planungen der DB haben, können sie bis vier Wochen nach Ende der Auslegefrist schriftlich Einspruch einlegen.
- Die DB muss dann zu jedem vorgebrachten Einwand Stellung nehmen. Diese Stellungsnahmen übergibt sie dem Eisenbahn-Bundesamt. Das EBA führt daraufhin entweder einen Erörterungstermin durch, bei dem alle Seiten aufeinandertreffen oder entscheidet, auf einen solchen Termin zu verzichten.
Schritt 4: Das Eisenbahn-Bundesamt entscheidet
Auf Basis der Planungsunterlagen der DB sowie der Einwendungen bzw. Stellungnahmen aus dem Anhörungsverfahren prüft und bewertet das Eisenbahn-Bundesamt nun alle Unterlagen zum Ausbauprojekt: Ist das Bauvorhaben zulässig? Werden in den Planungen die gesetzlichen Vorgaben vor allem zum Lärm-, Umwelt- und Denkmalschutz eingehalten? Dazu wägt das Eisenbahn-Bundesamt zwischen den Eingriffen durch das Vorhaben und den öffentlichen und privaten Interessen ab.
Schritt 5: Das EBA erteilt den Planfeststellungsbeschluss
Sieht das Eisenbahn-Bundesamt alle rechtlichen Belange und Interessen in ausreichendem Maße in den Planungen berücksichtigt sowie die Rechte Dritter nicht unzulässig beeinträchtigt, erlässt es den Planfeststellungsbeschluss. Wie beim Ausbau der S 11, sind Bauprojekte oft in einzelne Planungsabschnitte unterteilt, um ein Vorhaben so schnell wie möglich realisieren zu können. Häufig starten diese zu unterschiedlichen Zeiten in ihr Planfeststellungsverfahren. Die DB kann so beim ersten Abschnitt ins Genehmigungsverfahren einsteigen, während in den weiteren Abschnitten noch technische Details geprüft werden.
Im Anschluss an die Erteilung wird der Planfeststellungsbeschluss veröffentlicht. Einwendende haben nun einen Monat lang die Möglichkeit, gegen den Beschluss zu klagen. Werden keine Klagen eingereicht, hat der Beschluss „Bestandskraft“ erlangt und das Planfeststellungsverfahren ist offiziell abgeschlossen. Dann kann die DB mit dem Bauen beginnen.
Quelle: DB/go.Rheinland